Erster Bericht

Autor: Helmut Geifes
Archivar: Hans Bruns

Versuchen möchte ich, den frühen Werdegang des Schützenzuges TREUE KAMERADEN in Etappen darzustellen. Ob mir das gelingt, wird die Resonanz der aktiven Schützen zeigen. Setzen sich die schiefen Gesichter derer durch, die bei dem Wort „früher“ das Grausen kriegen, muss ich dies zur Kenntnis nehmen und hoffen, dass doch einige das Schmunzeln nicht verlernt haben. Aber es ist nun mal so, angefangen hat es immer in der Vergangenheit.

Junkers Jupp kutschiert Steppen-Scheel als Apotheker

Junkers Jupp kutschiert Steppen-Scheel als Apotheker

In der Festschrift zum „50“ der TREUEN KAMERADEN, sowie auf der vereinseigenen Internetseite, ist bereits zum Teil in aller Ausführlichkeit auf das alte Vereinsleben hingewiesen worden. Aber wie das im Leben so ist, neben dem was in der Zeitung steht gibt es auch noch das in späterer Stunde erlebte. Und eigenartiger Weise ist es das, was das Salz in der Suppe ist.

Die Entstehung des Schützenzuges ist auf das engste mit dem Radfahrverein VORWÄRTS und diversen Beziehungen zur HANNEN Brauerei verbunden. Die Nachkriegszeit, und die damit verbundenen Entwicklungen bestimmten das Leben. Sicher, die größte Not war Ende der 40er Jahre vorbei und allerorten regte sich die Lebensfreude und forderte Aktivitäten. Richtiges Bier, mit der vollen Dröhnung von 4,75 % Stammwürze, wurde staunend akzeptiert und deren Wirkung schwankend genossen.

Die Menschenmengen anlässlich der “ersten” Schützenfeste nach dem Krieg sind augenscheinlich. Da sind noch rechts die “alten” Häuser zu sehen die so nach und nach abgerissen wurden.

Die Menschenmengen anlässlich der “ersten” Schützenfeste nach dem Krieg sind augenscheinlich. Da sind noch rechts die “alten” Häuser zu sehen die so nach und nach abgerissen wurden.

Das Vereinsleben des R.V. VORWÄRTS kam 1947/48 durch die Aktivität der seinerzeit „älteren Herren“ wieder in Schwung. Erster Vorsitzenden war Mathias Höfges, Besitzer einer Gärtnerei auf der früheren Neersener Straße der gekonnt die Zahl der jüngeren Radsportbegeisterten mehren konnte. Und so wurde nach und nach der Kreis der jungen Leute größer, die den verschiedensten Zweigen des Radsportes angehörten.

Der Historie wegen nachstehend das Lied der Radsportler:

 

 

Wir sind die Ritter vom Pedal, sind überall voran.
Ob auf der Straße, ob im Saal, wir stehen unsern Mann.

Zum Fahrrad unserem Sportgerät, stehn einig wir und treu,
wir stürmen auch das höchste Ziel für Vorwärts mit „All Heil“

wir stürmen auch das höchste Ziel für Vorwärts mit „All Heil“
Der deutsche Radsport der soll leben

„All Heil“ hurra – „All Heil“ hurra.


Und ruft man uns zum edlen Streit, so treten wir dort an.
Vom ersten bis zum letzten Mann, zeigt jeder was er kann.

Da zeigen wir dass wir trainiert, mit Ehrgeiz und mit Fleiß
und haben wir es gut gemacht, winkt uns der Siegespreis

und haben wir es gut gemacht, winkt uns der Siegespreis
Der deutsche Radsport der soll leben

„All Heil“ hurra – „All Heil“ hurra.

 

Vorbeimarsch der Schützen

Vorbeimarsch der Schützen

Da zu einem richtigen Vereinsleben auch eine monatliche Versammlung gehörte, wurde diese im Frühjahr 1950 zum Anlass genommen, uns einen Besuch abzustatten. Es erschien Bäckermeister Hans Kuhlen und Schnapsfabrikant Wilhelm Haus, um uns die Idee eines neuen Anfanges des Schützenfestes anzutragen.

Nur aus der Zeit muss verstanden werden, dass die Begeisterung für einen erneuten Parademarsch und das Tragen von Gewehren nicht aktuell war. Noch waren die Erinnerungen der aktiven Kriegsgeneration vorherrschend. Es wurde lebhaft diskutiert. Waren doch auch die Vereinsmitglieder politisch „gemischt“. Naturgemäß gab es „Bediente“ und „Aktive“ die des Nachts Parolen an diverse Mauern malten.

Abschreiten der Schützenfront durch den ersten Nachkriegskönig Hans Kuhlen. Bemerkenswert an diesem Bild ist, dass links von uns ein Schützenzug ohne Gewehre angetreten ist. Dies zeigt auf die Problematik der Nachkriegswehen hin.

Abschreiten der Schützenfront durch den ersten Nachkriegskönig Hans Kuhlen. Bemerkenswert an diesem Bild ist, dass links von uns ein Schützenzug ohne Gewehre angetreten ist. Dies zeigt auf die Problematik der Nachkriegswehen hin.

Wir jungen Spunde sahen die Sache lockerer. Ahnten wir doch, da könnte umfangreiche Freude aufkommen. Schlussendlich erbrachte die Diskussion, dass die jungen Maulhelden ja mal zur Probe mitmachen könnten.

Durch Rundblick in die Versammlung wurde Willi Bruns, als ehemaliger Kavallerist, für den Posten des Zugführers bestimmt. Da dem Fußvolk, auch schon aus der Zeit des tausendjährigen Reiches, als Pimpfe das Marschieren beigebracht wurde, fühlten wir uns sofort als geeignet, die Farben des Vereins zu vertreten.

Aber noch war es mit dem Marschieren nicht soweit. Im Juli/August 1950 wurde im Kaisersaal Schiffer ein Sommerfest des ASV abgehalten, wo mit großer Mehrheit beschlossen wurde, im kommenden Jahr 1951 das erste Nachkriegsschützenfest durchzuführen.

Hier ist noch eine Baulücke des Marktes zu sehen. Da stand vorher der Feinkostladen von “Kleins Gretchen”.

Hier ist noch eine Baulücke des Marktes zu sehen. Da stand vorher der Feinkostladen von “Kleins Gretchen”.

Da unser Kavallerie-Zugführer Willi nicht sicher war, ob die ihm bekannten Pferdekommandos auch bei uns funktionieren würden, wurde ein Infanterie-Ausbilder HH überredet, uns das notwendige Schützenprozedere zu vermitteln. Die auf uns zukommenden Lehrgänge fanden in der „Hoverkull“ statt. Diese lag am Ende der Kreuzstraße und war ein zum Teil stillgelegtes Ziegeleigelände. Heute ist alles überbaut und nicht mehr erkennbar. Na ja, da ging es also zunächst einmal locker hin. Schon zu Beginn mussten wir feststellen, dass unser Fachmann HH noch nicht in der neuen Zeit angekommen war. So ernst und stramm hatten wir uns das Schützenfest nicht vorgestellt. Wir kamen knapp an den Kommandos hinlegen, aufstehen und Deckung suchen vorbei. Kurzum, nach der zweiten Ausbildungseinheit wurde der Lehrvertrag gekündigt und wir unterstellten uns dann ohne Bedingungen der Kavallerie.

Das letzte Schützenfest 1939 vor dem Krieg. Hier ist im Hintergrund noch das alte Katharinen-Hospital zu sehen.

Das letzte Schützenfest 1939 vor dem Krieg. Hier ist im Hintergrund noch das alte Katharinen-Hospital zu sehen.

Da unser Zuführer Willi sein Eheglück in der Gärtnerei Höfges gefunden hatte, verlegten wir die weiteren Schützenschritte auf Asphalt. Wir hatten also in der Gärtnerei unsere erste Schützenheimat.

So waren wir gerüstet als einer der siebzehn Jägerzüge 1951 aktiv zu werden!

Hat aber alles nichts genützt!

Kann man sich heute vorstellen, dass der Schützenzug seinen Zugführer bei der Samstagsparade überholt?

Der Festumzug auf der Peterstraße.

Der Festumzug auf der Peterstraße.

Wir haben das geschafft und damit für äußerste Heiterkeit beim Publikum gesorgt. Im Nachhinein tat uns am meisten unser Zugführer Willi leid. (So was gibt es) Wir alle waren bedröppelt, aber nicht sehr lange. In solchen Notfällen hilft nur HANNEN und zwischendurch ein JAFUBIKO (janz furchtbar billiger Korn). Beides zusammen hat dann gut geholfen.

Nun ja, irgendeinen „Schuldigen“ für unser vorwärts drängen mussten wir finden. Einstimmigkeit herrschte, dass der linke Flügelmann an diesem Malheur schuld sei. Er war halt der

Festumzug auf der Peterstraße

Festumzug auf der Peterstraße

Kleinste und die trifft es ja sowieso immer. Damit das Schuldgefühl auch nachhaltig wirkte, haben wir in später Stunde den Sattel seines Fahrrades so hoch gestellt und kräftig angeknallt, das er in „früher“ Stunde im Stehen heimwärts fahren musste. Er hatte ja nicht weit, wohnte er doch nur ein kleines Stück hinter dem Willicher Hauptbahnhof. Das schiefe Gesicht und die Maulerei zur Sonntagmorgen-Parade sagte uns, dass die gewünschte Einsicht eingetreten war.

 

 

Juli 2013

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